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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Samstag, 31. März 2012

Auf den Spuren Albert Schweitzers: Neue Benefiz-CD des Kardiologen Prof. Dr. med. Hans-Joachim Trappe zugunsten der Deutschen Herzstiftung


Aristide-Cavaillé-Coll-Orgel der Kirche in Saint-Sulpice 
Wie ein Magnet für „alles, was künstlerisch oder gesellschaftlich Rang und Namen hatte" zog die weltberühmte Aristide-Cavaillé-Coll-Orgel der Kirche in Saint-Sulpice in Paris Orgelvirtuosen und -komponisten aus aller Welt an (aus: H. Schützeichel, „Als Musiker zu Musikern von Bach reden ...", organ—Journal für die Orgel (4/2010). Zu ihnen gehörte auch der Friedensnobelpreisträger, Arzt, Theologe und Organist Albert Schweitzer. Auf die Spuren des berühmten Mediziners hat sich der Professor für Innere Medizin und Kardiologie an der Ruhr-Universität Bochum, Prof. Dr. med. Hans-Joachim Trappe, stellvertretender Vorstandvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, begeben.
Aristide Cavaillé
„Albert Schweitzer hat die Bach'sche Orgelkunst nach Frankreich gebracht, indem er dem renommierten Orgelprofessor und Organisten von Saint-Sulpice, Charles Marie Widor, die Choraltexte von Bach übersetzte und ihm das Wesen der Musik von J. S. Bach näher brachte", erläutert der passionierte Organist Prof. Trappe, der mehrere CDs mit Meisterwerken der Orgelmusik an weltbekannten Orten, darunter 2009 im Passauer Dom auf der Eisenbarth-Orgel, eingespielt hat. Nun hat der Kardiologe aus Herne selbst auf der Cavaillé-Coll-Orgel - zu Ehren von Albert Schweitzer - Werke von Bach eingespielt. Sie erscheinen als Teil des Programms seiner neuen Benefiz-CD zugunsten der Deutschen Herzstiftung „Die große Cavaillé-Coll-Orgel in Saint-Sulpice, Paris". Neben Werken von Bach interpretiert Prof. Trappe aber auch Kompositionen berühmter französischer Orgelvirtuosen wie Charles Marie Widor, César Franck, Theodore Dubois, Jean-Baptiste Lully und Louis Lefebure-Wely, der neben Widor selbst Organist in Saint-Sulpice war.


Saint-Sulpice, Paris
Fasziniert und begeistert vom Klangvolumen der Orgel, hat sich Prof. Trappe in mehrtägiger und akribischer Feinarbeit in der Kirche von Saint-Sulpice bewusst den Kompositionen dieser Organisten gewidmet. So handelt es sich bei den Stücken um „Musikwerke, die die wunderbaren Register mit ihrem einzigartigen Klang vorstellen sollen", wie Prof. Trappe betont. Über Bachs Toccata und Fuge F-Dur (B\W 540), ebenfalls auf der CD zu hören, schrieb etwa der niederländische Schriftsteller Maarten 't Hart in seinem Buch Bach und ich: „Was für eine gewaltige Komposition! Als führe ein Orkan in eine Kirchenorgel!" Und diese Orgel hat es wahrlich in sich: rund 24 Meter hoch, mit 102 Registern und fast 7.000 Pfeifen zieht diese Orgel Menschen jeden Alters in ihren Bann. „Die Orgelwerke dieser Benefiz-CD sollen das Leben im Alltag der Hörer bereichern", betont Prof. Trappe.



Die Benefiz-CD „Die große Cavaillé-Coll-Orgel in Saint-Sulpice, Paris" (Gesamtlänge: ca.
72 Minuten) ist für 15 Euro zu bestellen bei: Deutsche Herzstiftung e.V., Vogtstraße 50,
60322 Frankfurt am Main, Tel. 069/955128-0, E-Mail: info@herzstiftung.de, www.herzstiftung.de
Der Erlös kommt der Arbeit der Herzstiftung zugute.



Freitag, 30. März 2012

Gerade im Kino angelaufen: RUSSENDISKO



Russendisko
Deutschland, 2012
Komödie
Paramount
Regie / Drehbuch: Oliver Ziegenbalg
Buchvorlage: Wladimir Kaminer
Darsteller: Matthias Schweighöfer, Friedrich Mücke, Christian Friedel, Susanne Bormann, Pheline Roggan, Peri Baumeister
Laufzeit: 100 Minuten
FSK-Freigabe: ab 6 Jahre


Wladimir Kaminer (Matthias Schweighöfer) macht sich kurz vor der deutschen Wende mit seinen Kumpels Mischa (Friedrich Mücke) und Andrej (Christian Friedel) auf den Weg nach Berlin, um dort ein besseres Leben zu führen. Die Kultur in Ostberlin dieser Jahre war durch ein starkes ALternativmilieu geprägt, das sich leere Häuser, Säle etc. eroberte. So einfach wie geplant gestaltet sich das Unterfangen für die drei Freunde jedoch nicht. Dosenbierverkauf reißt es auch nicht raus, im Asylheim geht es rund, Geld bleibt Mangelware. Als Olga (Peri Baumeister), Hanna (Susanne Bormann) und Helena (Pheline Roggan) in das Leben der jungen Männer geraten, wird das Berliner Leben nochmal schwieriger. Wladimir verliebt sich und die Freunde schieben ihn an ...


Matthias Schweighöfer, Jahrgang 1981, steht seit 1994 vor der Kamera und hat sich im Jahr 2003 durch "Soloalbum" einen Namen gemacht. Es folgten "Die Klasse von ´99" (2003), "Kammerflimmern" (2004) und "Polly Blue Eyes" (2005) mit Susanne Bormann. "Keinohrhasen" (2007), "Operation Walküre" (2008) und "Zweiohrküken" (2009), Rainer Langhans ("Das wilde Leben", 2007), Manfred von Richthofen ("Der rote Baron", 2008), Marcel Reich-Ranicki ("Mein Leben - Marcel Reich-Ranicki", 2009) und Gödeke Michels ("12 Meter ohne Kopf", 2009). Zuletzt dann "Friendship!" (2010), "What a Man" (2011) und "Rubbeldiekatz" (2011).


"Die einzelnen Geschichtchen aus dem Buch "Russendisko" in einen einzigen Film zu pressen, das war wohl das Schwierigste am Filmprojekt. Glücklicherweise ist den Machern dies gut gelungen, sodass kein filmischer Flickenteppich entstanden ist, sondern ein linearer Film, in dem die drei Helden so einiges an Verrücktheiten erleben. Die Filmadaption ist dabei in den seltensten Fällen überraschend oder sonstwie etwas ganz Neues, weiß aber dank seiner sympathischen Darsteller absolut zu unterhalten. Die Jungs sind nett, die Mädels schnuckelig, die Dialoge kommen frisch und knackig daher, die russische Tanzmusik macht Laune, das Berlin der Wende kann überzeugen. Insgesamt ein Film, der niemandem weh tut und den meisten einen netten, amüsanten Filmabend verschaffen kann." (suite 101)

***Ich hab ihn mir jetzt selbst angesehen und ich finde ihn klasse. Er hat die Aufbruchs- und Wartestimmung der Menschen mit verlorener Identität zwischen den politischen Blöcken, direkt an der großen Systemgrenze herrlich eingefangen. Drei miteinander sehr verbundene Freunde, die sich durchschlagen, ein neues unkontrolliertes Leben leben wollen. Jede Menge Versuche starten, immer klamm, selbst vor einem illegalen Dasein,
zu dritt im Auto schlafend, nicht zurückschrecken, das Leben, die Musik und Frauen lieben und am Ende die Russendisko als Erfolgsmodell starten. Ein Psychogramm der Einwanderer im späteren Gesamtdeutschland ... Was ist aus ihnen geworden, fragt sich der Zuschauer nach dem Film und wartet auf die Fortsetzung. ***

Besuch in der Hamburger Kunsthalle, Simon Fujiwara I

In seinen Texten, Installationen und Performances verknüpft Simon Fujiwara die eigene Biographie mit fiktiven Erzählungen. Als Künstler, Schriftsteller und Architekt inszeniert er in seinen Installationen die historischen, politischen und soziologischen Hintergründe der Vergangenheit. 2010 gewann Simon Fujiwara den Baloise Kunst-Preis der 41. Art Basel. Dank der Baloise Group und der Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen konnten zwei Werke des jungen britischen Künstlers für die Hamburger Kunsthalle erworben werden, die in der Galerie der Gegenwart zu sehen sind.

I.
Letters from Mexico, 2011 ist inspiriert von fünf Briefen des spanischen Konquistadors Hernán Cortes, der zwischen 1519-1526 Kaiser Karl V. von seinen Eroberungszügen aus Mexiko berichtete. Fujiwara greift diesen Gedanken auf: In seinen an „Dear Europe" adressierten acht Briefen berichtet er von den eigenen Erfahrungen und Beobachtungen als europäischer Tourist - und damit neuzeitlicher Eroberer - in Mexiko anlässlich seines Besuches, der mit den 200-Jahr-Feiern zur Unabhängigkeit und dem 100. Jahrestages der Revolution zusammenfällt. Mal was ganz anderes: Die Briefe diktierte er zwischen Dezember 2010 und Januar 2011 mexikanischen Straßen-Schreibkräften auf der Plaza Santo Domingo in Mexico City, allerdings in Englisch, das die Schreiber nicht beherrschten. Die Texte sind daher eine phonetische Übertragung von Fujiwaras Worten. Der Wahrheitsgehalt, Aussagekraft, Sinn, alles steht in Frage... In den acht Briefen verknüpft Fujiwara seine Reflektionen über Mexiko, über Schönheit, Gewalt und Armut des Landes, mit tatsächlichen und fiktiven Biographien und schließlich mit Phantasien über eine sexuelle Revolution, die alle gesellschaftlichen Schichten vereinen würde. Dabei gibt es immer wieder ironische Verknüpfungen der eigenen Biographie mit realen Personen, wie dem ehemaligen mexikanischen Präsidenten Benito Juarez oder dem Milliardär Carlos Slim. Die Briefe enden ihrer­seits mit einer Revolution, indem die Schreiber, als sie erfahren, dass Fujiwara fließend spanisch spricht, sich weigern, länger für ihn zu arbeiten.
Vor der Kulisse schwerer Vorhänge in den Farben der mexikanischen Flagge, ergänzt Fujiwara seine Inszenierung durch Objekte, die ursprünglich aus Europa stammen und nun ihren Weg wieder nach Europa finden.

Simon Fujiwara (*1982 London, lebt und arbeitet in Berlin und Mexiko City) studierte Architektur in Cambridge sowie bildende Kunst an der Städelschule in Frankfurt am Main. Teilnehmer der 53. Biennale von Venedig (2009), der Manifesta 8 (2010), Preisträger des Cartier Award der Frieze Art Fair in London (2010). The Personal Effects of Theo Grünberg wurde 2010 auf der Biennale in Säo Paulo gezeigt.

Buchbesprechung: Eine kurze Geschichte der Unendlichkeit [oder lässt sie sich überhaupt erklären?]


Paolo Zellini
Eine kurze Geschichte der Unendlichkeit
Aus dem Italienischen von Enrico Heinemann
München 2010. 256 Seiten,  gebunden € 19,95[D], C.H. Beck Verlag


«Es gibt einen Begriff, der alle anderen zersetzt und verfälscht. Ich spreche nicht vom Bösen, das in der Ethik sein begrenztes Reich hat. Ich spreche vom Unendlichen.»    Jorge Luis Borges
«Eine kurze Geschichte der Unendlichkeit gehört zu den Büchern der letzten Jahre, die ich am häufigsten gelesen und wieder gelesen und über die ich am meisten nachgedacht habe.» Italo Calvino


Seit Urzeiten übt das Unendliche eine große Faszination auf die Menschen aus. Für einige bedeutet es Chaos und Terror. Andere sehen darin eine Manifestation Gottes. Für andere wiederum beschwört es das Bild endloser Leere herauf, die das menschliche Fassungsvermögen übersteigt. Gibt es einen Weg, Unendlichkeit zu bestimmen? Wie lässt sich das Unberechenbare beschreiben?


Was hat es auf sich mit Nirwana, dem Nichts? Ist alles Fülle oder Leere? Beseelt oder weites All ohne Gott? Gibt es eine mathematische Exaktheit im Leben? Widerspricht sich das nicht völlig? Kann man das Unendliche durch eine Zahl, ein Zeichen ausdrücken und so stehen lassen? Lässt es sich als strenge Logik bis hin ins All erfassen? Der Leser findet hier viele Ansätze sich auszutoben, den Sinn zu suchen, die Anstrengungen der Denker verfolgen, etwas erklären zu wollen, was sie nicht erklären können. 


Paolo Zellinis Darstellung erkundet alle Aspekte der Unendlichkeit; sie fasst die Einsichten von Philosophen, Künstlern, Mathematikern und Theologen der letzten zweieinhalb Jahrtausende zusammen, das Spektrum reicht von Aristoteles bis Gödel, von Thomas von Aquin bis Jörge Luis Borges. Worin besteht der Unterschied zwischen wahrer und falscher Unendlichkeit - und wie zeigt sie sich im Mythos von Sisyphus, der auf ewig dazu verdammt ist, seinen Stein den Berg hinaufzurollen? Wie lassen sich Zenons Paradoxa erklären? Meint «unendlich» «unbestimmt», und warum nannte Cantor seine unendlich großen Zahlen nicht «infinit», sondern «transfinit»?


Paolo Zellini, geb. 1946 in Triest, lehrt Mathematik an der römischen Universität Tor Vergata. 1980 wurde er mit dem Premio Viareggio ausgezeichnet. Seine kurze Geschichte der Unendlichkeit erlebte in Italien zahlreiche Auflagen und wurde auch ins Englische sowie ins Türkische und ins Spanische übersetzt.

Donnerstag, 29. März 2012

Nu´ fahr schon los! von Annette Kallweit


Mit einem Stoßseufzer von ganz weit unten lande ich auf dem Beifahrersitz, wühle planlos in meinen Taschen rum und frage den Typen neben mir, warum er denn nicht losfährt.
„Mädel, du musst mir schon sagen, wo du hin willst. Wir können aber auch gerne eine Weile hier stehen bleiben, bis du deine Zigaretten gefunden hast.“
Laufen meine Gedanken wie eine Leuchtschriftreklame über meine Stirn, oder woher weiß der Kerl jetzt, dass ich a) zu wenig gegessen und zu viel Bier getrunken habe und b) jetzt total gerne eine rauchen würde? 
Irgendwie ist der witzig. Sitzt da in einem Zottelmantel, der an die frühen 60er erinnert und seine langen Haare hängen ihm wirr ins Gesicht. Der Typ ist mir auf Anhieb sympathisch und glücklicherweise fällt mir meine Adresse wieder ein und dass man in einem Nichtrauchertaxi nicht rauchen sollte. Ich fühle mich an viele Monde vorher erinnert. Wilde Zeiten. Meine Freundin und ich zogen jedes Wochenende in diesen Club, feierten uns und unsere ganz frische Wieder-Versingelung und tanzten uns die Nächte bunt und die Seele aus dem Leib. 
Und jedes Wochenende wartete ein ganz bestimmter Taxifahrer auf mich. Warum er sich ausgerechnet für mich verantwortlich fühlte und ihm sehr daran gelegen war, mich sicher und auf schnellstem Wege nach Hause zu bringen, weiß ich bis heute nicht so richtig. Aber ich erinnere mich durchaus an das Gefühl von Sicherheit, das mir dieser Taximann vermittelte. Wir freundeten uns an. 
Saßen im Morgengrauen auf meinem Balkon mit den Ausmaßen einer Briefmarke, tranken schwarzen Kaffee und kochten zum Frühstück Spaghetti und gossen so viel Ketchup drüber, dass es im Prinzip nicht schmecken konnte. Tat es aber trotzdem. Und das nahezu ein Jahr lang, jedes Wochenende. Spaghetti zum Frühstück, danach endlich ins Bett. Und zwar allein. Der Taximann und ich waren lediglich Freunde. Und das war gut so. Der Typ da jetzt, der ist genauso.
Ich erzähle ihm von einem Ausraster, der so gar nicht zu meinem Naturell passt, von einem unschönen Streit und meinem kläglichen Versuch, mir die Wut zu den Klängen von Led Zeppelin aus dem Bauch zu tanzen. Er nickt nur. Und sagt irgendwann, dass ich mir zu viele Gedanken um die kranken Arschlöcher dieser Welt machen würde. Und dass ich mir jetzt endlich eine anstecken solle. Er hätte vor Kurzem das Rauchen aufgehört und würde so gerne fremdem Nikotin hinterher schnüffeln. 
Bisschen irre das alles. 
Bisschen irre alle beide. 
Fahrer und Gast.
Er fährt ganz langsam durch die Stadt und hat diese ganz bestimmte Achtsamkeit, die mich zur Ruhe kommen lässt. So ein Ruhepol-Mensch. Ein Freund der Nacht, völlig vorurteilsfrei und mit guten Gedanken.
Vor der Haustür angekommen, finde ich mein Geld nicht und erlebe diesen Peinlichkeitsmoment, der einen schlagartig wieder nüchtern werden lässt. Geduldig wartet der Taximann, bis ich Geld aus der Wohnung geholt habe, schickt mir einen Luftikuss hinterher und die besten Wünsche für eine erholsame Nacht.
Mit einem breiten Grinsen im Gesicht ziehe ich von dannen und finde zwei Sekunden später mein Geld in der Jackentasche wieder, in der ich es am wenigsten vermutet hätte.
Vorgestern dann ein völlig anderer Typ Taximann. 
Hört laut Radio und lässt einen Herrn Domian durch den Innenraum des Taxis schleimen. Unglaublich, was ich da höre. Öffentliche Psychotherapie und ein Gesprächsinhalt, der doch einfach nicht wahr sein konnte! Der Taximann macht lauter. Während sich bei mir die Fußnägel vor lauter Fremdschämen aufrollen, haut der Taximann mit einem Lachbrüller auf sein Lenkrad und erzählt mir, wie klasse er diesen Domian findet. Aha. Alles eine Sache der Perspektive, denke ich so.
Ist halt so etwas wie eine Telefonseelsorge. Nur dass ganz viele Menschen zuhören. Und vielleicht sogar was für sich selbst mitnehmen. Wer weiß das schon immer so genau. 
Als ich einem Freund von meinen ganzen Taxierlebnissen erzähle, sagt er: "Die Taximänner dieser niemals schlafenden Stadt, das sind die wahren Seelenklempner. Ohne die wäre hier jedes Wochenende Krieg." Und er erzählt mir von dem besten Song, den Marius Müller-Westernhagen je gesungen hat.
Gedankenverloren lausche ich der Musik, während ich das alles aufschreibe.
Und widme diesen Text allen wahren Seelenklempnern dieser Stadt!



© Annette Kallweit, Düsseldorf

Jacques Bistro in Wiebelskirchen - ein Abend mit dem Kabarettist Detlev Schönauer


Detlev Schönauer stand auf dem Programm. "Geist ist geil". Jacques Bistro, nunmehr 25 Jahre Bühnentradition, vorher 5 andere Bühnenjahre, und immer gibt es was zu tratschen. Ein Glück, dass unser Franzos auf Einladung der Neunkircher Kulturgesellschaft nach „Wiebelsdekirch“ kam, um uns zu erzählen, was wirklich mit ihm los war früher. Er hatte nämlich angeblich den Vorteil einer vollwertigen Erziehung in der Schule und sattelte auch noch ein Studium drauf. Ja, ein Physiker beim Kabarett, wie sie auch in der Politik mitmischen, das war noch Bildung. Nicht wie heute, wo sie stolz drauf sind, die Hauptschule abgebrochen zu haben. Nein, Jacques hat seine Diplomarbeit selbst verfasst! Wie die Kanzlerin. Nur dass Jacques noch nicht entdeckt wurde.

Ins Saarland nur verschlagen durch das Schicksal, das Gudrun hieß. Wir machen mal wieder Saarländisch-Kurs mit, das macht doch die Vanessa Backes schon! Aber wichtig: Hauptsach gut gess, gschafft ham mer schnell und ...dabber. Ja dabber ist das Wort des Tages. Es heißt schnell. Dabberlein ist der Minuitiv für die Beamten. Eigentlich fehlplatziert im Saarland, weil dabber nicht geht... Tja, und leider muss ja zu diesen Regionalismen auch die Palz und die Pälzer dazu. Unsere gemeinsame Grenze ist die zwischen Genie und Wahnsinn. Glück an dieser Stelle: Der Wahnsinn haust drüben, bei de Saarlänner. Aber zu Beginn wollte er noch glatt die Pfälzer rauswerfen. Dabei ist er Meenzer, der Detlev. Mit dem ersten geklauten Schwenker wurde er eingemeindet, und begann vor 25 Jahren in trauter Nähe zu Cattenom in St. Becquerel mit dem Café nucléaire. Heute alt, zum Glück ein bisschen dick, so sieht man das Alter weniger - Essen ist besser als Botox ;-)
Der Physiker in ihm und sein Kampf für die Bildung fragen ab, was schneller sei: der Schall oder die Lichtgeschwindigkeit. Na? Licht! 300.000 km/Sekunde ... Gegen diese Bildung steht eben die Dummheit in den Medien, wo Dumme froh sein können, noch Dümmere zu treffen, vor allem in den Nachmittagsprogrammen der Spartensendern. ... Oder im saarländischen Hochwald um Wadern das Vollafrikanisch, das keiner mehr versteht. Er meint, die Pfälzer ziehen die Dummheit auch irgendwie magisch an. Es waren ja auch ein paar da, im Saal. Wer war jetzt früher? Aber auch die Sachsen fallen auf, weil sie ihren Unterkiefer aushängen können, Bayern, weil sie auf Chinesinnen stehen, die sie umtauschen können, Schweizer bleiben eigentümlich und kantig ... und Hessen haben etwas Liebevolles in der Sprache: Streischholzschäschtelsche ...
Und weiter mit der Schul(un-)bildung, Mathe quer durchs Land. Ganz klar die Lyoner-Aufgabe im Saarland...wenn ich eine Lyoner zwischen vier Leuten aufteile, wie viel bleibt dann für die anderen übrig? Die Pfälzer kriegen ihre Aufgabe zum Nürburgring: Wie viele brauchen wir, bis der Staat pleite ist? Die Baden-Württemberger brauchen ihre Stuttgart21-Rechnung, die nicht aufgeht, weil keiner nach Ulm will, und München die Missbrauchsaufgabe... Mit wie vielen Priesterkindern kann die Austrittswelle wegen Kindesmissbrauch aufgefangen werden?
Als Willi aus Meenz zeigt er uns am Keyboard alles persiflierend die Karriere vom Fasenachtsmusiker zum Barmusiker (Je t'aime), Operationssaalmusiker, der auf Wunsch Lieder spielt, danach zum Kirchenmusiker mit Ave-Maria, und schließlich das Nonplusultra: Trauerfeiermusiker. Und besser geht es nicht. Er hat die Leichenims(-feiern) zum Fest umgestaltet, die Menschen freuen sich und gehen beschwingt nach Hause. Vergessen der Tod, auch wenn wir Menschen außer auf dem Klo auch beim Sterben gleich sind, wobei dieses eigentlich berufeabhängig stattfindet. Der ein geht auf wie ein Hefebrötchen, der andere unter etc. ... Als Backes liefert er uns noch einen Sketch zur Landtagswahl im Saarland, das nach der gescheiterten Jamaicakoalition am 25.3. wieder antreten musste: Schönauer thematisierte die Vergeblichkeit der Wahl, es geht eh immer anders, als man will, ob Oskar, der heute noch seinen Schülerausweis vorzeigen muss, Karrenbauer mit ihrer viereckigen Brille, die eigentlich nur zur Putzfrau und zum Erschreckgeist im Gondwana-Land taugt, oder die anderen Herausforderer, es ändert sich nicht viel. Über all dem Drama die Merkel mit ihren künstlich verlängerten Mundwinkeln nach unten als Symbol für das Elend auf der Welt!
So entließ uns Schönauer in den Abend. Er hatte viele Klischees bemüht, aber geschickt individuell drapiert, sein Witz ist selten verletzend, er setzt immer eine Abschwächung dazu, damit sich niemand ärgern muss und um Vorurteile abzuwehren. Er bleibt charmant, philosophisch und musikalisch wie kabarettistisch abwechslungsreich. Ein Könner, der seine Kabarettpreise verdient hat. 

Mittwoch, 28. März 2012

Heute Abend: Mörderisches Abendessen mit Madeleine Giese im MAX


28. März 2012, 20 Uhr im MAX, Winnweiler

"ERLESENE ZWISCHENGÄNGE" - WEIN, WEIB, MORD - Lesung mit Madeleine Giese

Madeleine Giese, mit dem Handicap der gebürtigen Saarländerin belastet, war zunächst als Schauspielerin auf den weltbewegenden Brettern unterwegs. Nach zwanzig Jahren erfolgreicher Bühnentode beschloss sie, den Spieß umzudrehen und den Mord zu ihrem Geschäft zu machen. Ihr fünfter Krimi NACHTVOGELFLUG erschien letztes Jahr beim Aufbau-Verlag. Seit zehn Jahren lebt sie in Kaiserslautern und treibt als Saarländerin, Schauspielerin und Autorin ihr Unwesen in der Pfalz.
Begleitet wird sie vom Gitarristen Gavin West
Weitere Informationen zur Künstlerin:
www.furch-giese.de
                                                     Eintritt: VVK 12.- / AK 14.-

Dichterhain: FRÜHLING II von Heidi Huber


St. Michaelsburg, Alte Propstei auf dem Remigiusberg/Haschbach
Frühling II

Nach langer
Hauses Hut
ins Flaumhell
übers Wiesenweit
Unter die Arme
greift der Wind

© Heidi Huber (*1945) 

Alles Gute zum Geburtstag, Heidi!

Buchbesprechung: Unsere schönste Trennung

David Foenkinos
Unsere schönste Trennung  
Roman
Aus dem Französischen von Christian Kolb   
München 2010. 192 Seiten
Gebunden € 17,95[D] , C.H.Beck Verlag 
 
Nichts ist skurriler und zugleich beglückender als die Annäherung zwischen Verliebten. Zum Beispiel zwischen Fritz, der, charmant, aber ungeschickt, sein Leben nur mithilfe von Büchern bewältigt, und der charakterstarken Alice, einer zielstrebigen, zukünftigen Deutschlehrerin aus gutem Hause. Ihre Liebe funktioniert über Wörter, sie finden und verfehlen sich durch die Sprache und durch den Irrwitz der absurdesten Situationen. Da wäre zum Beispiel das Essen bei ihrer Familie, das völlig aus dem Ruder läuft, nachdem sich der konservative Vater in wüsten Beschimpfungen auf Obdachlose, Aidskranke und Drogensüchtige ergeht und Fritz bei der unvermeidlichen Frage nach der ersten Begegnung der Liebenden bemerkt, er hätte Alice in einem Swingerclub kennengelernt. Sie lieben sich sehr, aber jedes Mal, wenn sie kurz davor sind, für immer zusammenzuleben, trennen sie sich. Bis sie sich wiederfinden. Sie schaffen es bis zur Hochzeit, aber dann lässt sie ein übler Schicksalsschlag aufgeben. Für immer. Aber nein, zehn Jahre später geht es wieder weiter.
 
David Foenkinos, 1974 geboren, Schriftsteller und Drehbuchautor, studierte Literatur­wissenschaften an der Sorbonne und Jazz am CIM. Unsere schönste Trennung ist bereits sein siebter Roman. Für Das erotische Potential meiner Frau (C.H.Beck 2005) erhielt er den Prix Roger Nimier. Seine Werke erscheinen inzwischen in über 15 Ländern und wurden bereits für alle wichtigen französischen Literaturpreise nominiert, für den Prix Femina, den Prix Medicis, den Prix Renaudot und den Prix Goncourt.
 
Christian Kolb, 1970 geboren, studierte französische Literatur und Filmwissenschaft in Berlin und Paris. Neben Foenkinos' Vorgängerroman Größter anzunehmender Glücksfall (C.H.Beck 2006) übersetzte er von Nicolas Fargues Die Rolle meines Lebens. Er lebt in Berlin.

Dienstag, 27. März 2012

DER GEDANKENSPIELER (01). Ein Fortsetzungsroman von Marco Meissner


Der Gedankenspieler (01)

Der Wind fegte die letzten Blätter von den Bäumen. Kalt, ja bitter kalt knallte er ins Gesicht. Die Welt lag da im grauweißen Antlitz eines Novembermorgens. Wie lang er schon durch den Park schlich wusste er nicht mehr. Immer wieder der Griff in die Jackentasche. Mit zittrigen Fingern zog er sein Handy hervor. Wieder keine Nachricht von ihr. Ein weiters Mal durchforstete er ihre letzten Mitteilungen. Wieder einmal suchte er jede einzelne Nachricht nach einem Zeichen ab.
„Ich bin am Wochenende wieder in der Gegend. Ich melde mich wenn ich da bin. Dann können wir was machen!“ Wieder und wieder las er die Zeilen und konnte doch nichts erkennen.
Wie bunt ist doch die Welt im Sommer. Wie kalt und blass im Winter. Äußerlich hatte sich nichts verändert. Doch in seinem Inneren drängte sich Leere an den Platz, an dem sich einst Fröhlichkeit befunden hatte. Wie ein Ballon, der die Welt mit seiner Farbe erfreut. Doch innen nichts als abgestandene Luft beheimatet.
Er hasste den Herbst, und noch viel mehr hasste er den Winter. Für sie gab es keine schlechte Jahreszeit. Sie konnte jeder Witterung etwas abtrotzen. Und je mehr er ihr zugehört hatte, umso mehr glaubte er auch daran.
„Die Bäume tragen so ein schönes Blätterkleid im Herbst.“
„Der Schnee knistert so schön unter den Schuhen, und die Welt ist einfach nur still.“
Egal wie abgedroschen ihre Worte klangen. Bei jedem Anderen hätte er alles nur als Durchhalteparolen und Selbstverlogenheit gewertet. Doch n i c h t  bei Jenny. In ihrer Stimme klang Ehrlichkeit. Aufrichtigkeit in jedem schönen Laut, den sie von sich gab.
Ein Eichhörnchen huschte über den Weg. Es tat sich unheimlich schwer dabei, da der Tannenzapfen, den es trug, einfach viel zu groß und schwer war für dieses zierliche Geschöpf. In den Pfützen spielte der Regen vorsichtig mit der Wasseroberfläche. Es begann zu nieseln. Immer wieder redete sich Alexander ein, dass doch eigentlich nichts geschehen sei, und sein logischer Verstand klatschte dabei rhythmisch und euphorisch in die Hände. Doch das taube Gefühl, das vom Kopf in all seine Gliedmaßen gekrochen war, versuchte erst gar nicht seinen Körper zu verlassen.
Er musste auf andere Gedanken kommen. Trotzig steckte er sich seine Ohrstöpsel in die Ohren und drehte den MP3-Player voll auf.

„Sometimes I feel like I don´t have a partner
Sometimes I feel like my only friend
Is the city I live in, the city of angels
Lonely as I am, together we cry.”

Die Worte trafen ihn wie Donnerschläge. Tausende Male hatte er diesen Song gehört. Ihn auf tausend Autofahrten lauthals mitgesungen. Doch erst heute, an diesem kalten, diesigen Novembertag erkannte er seinen Sinn.
Er versetzte sich zurück in die Stadt der Engel. Spürte noch einmal den warmen Hauch der kalifornischen Herbstsonne auf seiner Haut. Doch allem Anschein nach hatten die Engel ihre schützenden Hände von ihm genommen und so fiel er halt- und widerstandslos ohne jemals den Boden zu berühren.


To be continued....
©Marco Meissner, Gladbeck
mmmarcomeissner@googlemail.com

Alle Personen und Handlungen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit realen Personen oder Handlungen sind rein zufällig und ganz und gar unbeabsichtigt.


Brendan Keeleys rauherzige und ehrliche Musik im Lautrer Wirtshaus

Brendan Keeley und der Amoklauf von Winnenden am 11. März 2009 ist für mich eine Assoziation, die sich sofort herstellt. Denn Brendan Keeleys "Heart and Soul" wurde übersetzt als "Wir geben niemals auf" zum Leitsong der von dort ausgehenden Bewegung gegen Gewalt an Schulen. Ein Freund von Brendan, Harry Schober, verlor bei dem blinden und tollwütigen Schießen, dem 15 Schüler und vier Erwachsene zum Opfer fielen, seine Tochter und organisierte die Trauer- und Demonstrationsbewegung gegen solche Schandtaten in der Stiftung gegen Gewalt an Schulen, auch um den Verbliebenen zu helfen. Viele Lieder auf der entstandenen CD "...die Liebe bleibt" sind voller Wehmut über die verlorenen Kinder und Freunde. Siehe auch meinen Beitrag in winner's cool blog: „Zum Jahrestag des Amoklaufs in Winnenden am 11. März 2009“

Brendan Keeley im Lautrer Wirtshaus

Unplugged wegen Stromausfall
Brendan trat am 22.3.12 im Lautrer Wirtshaus in Kaiserslautern-Bahnheim an und bescherte uns mit seiner verstärkten Akustikgitarre und Playbackmusic einen authentischen und ehrlichen Abend. 3 Tage zuvor spielte er in Winnenden mit Livebegleitung Keyboard und Gitarre. Im Lautrer Wirtshaus fiel prompt beim Start und der Anmoderation durch Walter Holtfoth von Kunstgriff der Strom für die Bühne aus. Das brachte uns in den Genuss von Walter und Brendan unplugged! Damit keine Langeweile aufkommt, greift Brendan zu Lautstärkenvariation, hohem und lustigen Gesang, irischer Ungestümheit und lyrischer Verlorenheit. Unserer irischer Mann wurde nicht mit Milch, sondern mit Irish Dew aus Tullamore aufgezogen, wo er auch herstammt, und so rockt er das Publikum mit kräftigen Akkorden, rauchiger, weicher, witzig-hoher Kastraten- und sanfter Stimme, schreckt die Zuhörer durch laute Ausrufe und Schreie auf - er hat nämlich was dagegen, wenn Zuhörer unbeweglich mit verschränkten Armen nur konsumieren wollen. Es ist ihm egal, ob die Spontanlautstärke mal schräg liegt oder nicht, Power muss her. Der irische Barde steht auf der Bühne wie auf den Klippen unseres geliebten Irlands in tosender Brandung und kämpft gegen den Sturm mit lauter Stimme und Musik. Da er sich wieder einmal als Kraftpaket entpuppte, das alles gibt, und immer Dampf dahinter, kam keinerlei Langeweile auf. Die Gitarre kann einem manchmal etwas leid tun, denn er geht ganz schön rau damit um.
Brendan hat einen Vorteil in Irland: Mit zwei Kollegen bestückt er regelmäßig die Top 10 der Charts, und dies seit Jahren. Seine Songs landen ganz vorne, sinken dann etwas ab, was er mit neuen Hits beantwortet. Er schreibt Lieder, bereist Irland, feuert die Pubbesucher an, und ist auf dem Weg zur Voice of Ireland. Er gründete sein eigenes Label, um durchstarten zu können, und schaffte es auch. Mit "I’ll Always Be Lonely" (Platin) startete er 1995 in die Charts. Bis heute ist ordentlich Geld bei rumgekommen.

I’ll always be lonely
Footsteps sending shivers, through the corridors of my mind
Teardrops forming rivers, till my eyes are almost blind,
I’m on that train tomorrow, gonna leave it all behind
I’ve had my share of sorrow, I know I have to find a way
Chorus
I’ll always be lonely, for the rest of my life,
If I saw you with someone, I know it would cut through my heart like a knife
And I cant see tomorrow being brighter than today,
Or the day that you left me with nothing to say
I see you in the morning, when the night has turned to gray
I see you in the evening, when the sun has gone away
I see you every hour, every minute of the day
Like a wilting, fading flower, You were always gonna fade away
Repeat Chorus
I can hear the whispers still, of the people who were gathered round
Like the sound of overkill, as I was standing on the sacred ground
Then a preacher came my way, his face a stony gray
I am sorry to have to say, she wont be coming here today
Repeat Chorus

Brendans Hits und sein Finale

Cecilia, getrommelt von Brendan Keeley
Brendan Keeley begann den Abend mit "The First Cut Is The Deepest", sang ein Lied der Fairy Brothers, und kam dann bald zu seinen Hits, die er uns mit Steigerung von Platz 8 aufwärts anbot: "Wishing", „Take The Chains Away“ (Platin), "Belfast Child" (Platz 4), eine traditionelle Ballade, ein emotionales „Miss You Tonight" (Platin). Auskoppelungen wie „Does He Really Love You“ oder „Hands To Heaven“ erreichten ebenfalls Top-Platzierungen in den Charts. Wir hörten von ihm außerdem "Heart and Soul", "Danny" (mit kräftiger Publikumsbeteiligung), "I Can't Believe It", ein stürmisches Liebeslied "... Who's Gonna Catch You ...", ein getragenes und poetisches "After The Storm" mit Panflöte. Brendan bemerkte dazu: "In the right hands it can make tears by the ladies, in the wrong it makes them crazy ...". Ebenfalls mit Mitsingen und Klatschen "The Story Of Minnie W.". Erst nachdem das eher träge Kaiserslauterner Publikum krätig dabei war, gab er sich zufrieden. Das ist überhaupt ein Problem, wie wenig Leute man in Kaiserslautern mit guter Kleinkunst oder Musik aktivieren kann. Da war dieser Mitsing-Song schon aufnahmefähig! ;-)) Mit "Help Me To Get Through The Day" kam ein weiterer Charts-Hit ins Spiel. Dazwischen seine Fassung von John Denvers "Country Road", das zu Beginn des Abends ein Einheizer war, und eine wirklich tolle A-capella-Interpretation eines Dublinersongs.
Der krönende Abschluss dann eine Performance und Interpretation von Simon and Garfunkels "Cecilia", die in eine minutenlange Percussionnummer auf der Gitarre überging. Unermüdlich sich steigernd traktierte er den Gitarrenkörper, verwendete ihn als Handtrommel und wiederholte den Refrain ...
Als Zugabe schenkte er uns seinen Beginner-Hit "I’ll Always Be Lonely" und "Whiskey In The Jar".
Eine runde Sache, viel Leistung, gute Stimmung!

Montag, 26. März 2012

Ankes Fundstücke: NDR-Beitrag über die Stintfischerei

Stintsaison, das kennt bei uns im Süden/Südwesten kein Mensch. Der NDR zeigt am Montag, 26.03.2012, 18.15 Uhr, einen Beitrag über einen Stintfischer im Alten Land, am Yorker Elbdeich, nördlich von Hamburg und südlich der schmucken kleinen Hansestadt Stade.

Von Mitte Februar bis Mitte April bekommt Fischer Buckow kaum Schlaf, dann ist Stintsaison. Der lachsartige Fisch zieht in Schwärmen aus dem Nordatlantik zu den Laichplätzen in der Unterelbe. Lothar Buckow fängt, verarbeitet und verkauft die norddeutsche Spezialität. In der Saison bestimmt der Tidenkalender seinen Arbeitstag. Nachts um zwei Uhr bei Vollmond und Springtide läuft es für den Stintfischer am Jorker Elbdeich im Alten Land am besten. Bei Niedrigwasser lässt er seine Netze runter und ungefähr fünf Stunden später werden sie wieder eingeholt. Tag und Nacht; sieben Tage die Woche. Auch die anderen Familienmitglieder müssen in der Saison mit ran, von der Schwiegermutter bis zur Ehefrau. Rita Buckow kümmert sich um das Geschäft, denn zahlreiche Touristen besuchen das kleine, malerische Lokal und den Fischladen der Familie. Hier kommt der am Morgen selbst gefangene Fisch direkt auf den Teller. An einfachen Tischen gibt es in dem kultigen kleinen Fischladen Fischbrötchen auf die Hand genauso wie Tellergerichte, und Rita Buckow hat auch ihr Stint-Geheimrezept. Die Reportage begleitet Familie Buckow in den turbulenten Tagen der Hochsaison und gewährt einen Blick hinter die Kulissen der Stintfischerei.

Einmal ganz ins Maoriland eintauchen: Neuseeland - Multivision von Dirk Bleyer





Multivisionsshows machen tierischen Spaß, je mehr gute Bilder und Impressionen, Erklärungen zu den Reisezielen man erhält. Im Rahmen von Andreas Hubers Saar-Pfalz-Lichtblicke bot Dirk Bleyer, ein prämierter Fotograf und Präsentator aus Berlin, in Homburgs Saalbau am 20.03.12 eine hervorragende Show mit einer Flut von einmaligen Bildern. Unterlegt mit einer gewaltigen Musik, die einem die Einzigartigkeit unseres Planeten, das Majestätische der Schöpfung vermittelt. Nicht umsonst erhielt er die Leicavision-Auszeichung. 

Dirk Bleyer ist eigentlich studierter Luft- und Raumfahrttechniker, aber er hat schon immer sein normales Leben durch Weltreisen unterbrochen, mal 2,5 Jahre in Afrika, mal 1,5 Jahre Südostasien, bis er schließlich nur noch reiste und fotografierte. Er führte uns nach Neuseeland, dem Land der Kiwifrüchte und Kiwivögel, dem Land der Abenteurer und der Eigenwilligen. Und der Aussteiger. Friedensreich Hundertwasser hat Neuseeland als das Land seiner Wahl entdeckt und wurde dort auch auf seinen Wunsch nackt mit einer von ihm entworfenen Flagge Neuseelands bedeckt am Strand unter einem Tulpenbaum beerdigt (siehe meinen Beitrag über Hundertwasser).



Milford Sound, Karte, Doubtful Sound,Maorikinder, Wasserfall im Milford Sound, Kiwi  

Neuseeland liegt bekanntlich im Südpazifik und besteht aus der Nordinsel, der Südinsel und dem Stewart Island, einem winzigen Eiland an der Südspitze der Landmasse. Der aktive Untergrund schuf im Laufe der Jahrtausende einzigartige Landschaften mit einer hohen geografischen und vegetativen Vielfalt. Einmal die Inseln durchquerend erlebt man schneebedeckte Berggipfel, Sandstrände, üppigen Regenwald, aktive Vulkane, Heißdampfgegenden, Gletscher und Fjorde. Und diese Umgebung zieht unzählige Outdoor-Aktivisten an, die hier skifahren, tauchen, wandern, kajaken, segeln, mountainbiken, bungeejumpen oder reiten.

Neuseeland hat gerade einmal vier Millionen Einwohner aus aller Herren Länder. Maori aus Polynesien waren die ersten Menschen, die Neuseeland vor etwa 1000 Jahren besiedelten. 1642 wurde das Land dann von Europäern entdeckt, doch es dauerte bis 1769, bis die britische Krone das Land als Kolonie beanspruchte. 1840 wurde dann der Vertrag von Waitangi unterzeichnet, der als Gründungsdokument der Nation angesehen wird. In der Folge entstanden blutige Aufstände, nachdem die Maori merkten, dass die Kolonialherren sich nicht an die Abmachungen hielten.



Queenstown bei Nacht, Buchbinder Mikel, Hobbingen,
Maori Versammlungshaus, Blick vom Fernsehturm
(c) Dirk Bleyer
 
Unser Präsentator beginnt seine Vortragsreise ganz im Norden in Cape Reinga, dort, wo eine Bundesstraße über den Strand verläuft, unbefestigt und von Zufahrtsstraßen in Form von Flussbetten erreichbar, sofern Ebbe ist. Der Sage nach rutschen die Toten in Cape Reinga von den Bergen an den Wurzeln der Bäume entlang ins Meer. Das erste verwertbare Kartenmaterial zu Neuseeland stammt übrigens vom Entdecker Captain Cook. Bleyer führt uns über Waitangi, der Gründungsort Neuseelands, nach Kawakawa zur weltberühmten öffentlichen Toilette von Hundertwasser und über Whangarei bis Auckland. Er schenkt uns wunderbare Blicke von einem 44m hohen Fernsehturm in Auckland, den er über eine Leiter erklomm. Er stellt uns die klassischen Kauri-Bäume vor, die Giganten, Mammutbäume unter den neuseeländischen Bäumen. Die Bäume können bis zu 2000 Jahre alt werden und erreichen eine Höhe von 50 Metern plus, damit zählen sie auch zu den höchsten Bäumen weltweit. Sie wurden gerodet und verarbeitet, bis man begann Museen zu schaffen, weil sie ausstarben. Und er erzählt uns von den Landkriegen der Maori nach 1840. Sie gelten als Urväter der Schützengräben, denn sie hatten schon früh ein Flucht- und Täuschungssystem mit unterirdischen Wegen und Häusern.
Wir sehen den Drehort Hobbingen zum "Herr der Ringe", wo heute noch Streitigkeiten zwischen Hobbit Press und der Filmfirma bestehen, die Erdhäuserattrappen und die Dorflandschaft aus dem Film betreffend. Wir lernen auf dem weiteren Weg einen Schafscherer kennen, der es auf glatt 200 Schafe in annähernd 4 Stunden bringt (1:10 min im Schnitt) und die verrückte Deko der Zäune dort, ansprechende oder erschreckende BHs in allen Größen, Farben und Ausfertigungen. Auch die Briefkästen sind reif für das Modern Art Museum. In Rotorua sehen wir die Geothermie Neuseelands am Wirken, kochende Gewässer und hohe Temperaturen inmitten einer Siedlung. Kein Wunder, dass man Erdöfen verwendet. Der berühmteste Geysir Neuseelands ist Lady Knox. Hier in diesem Landstrich befindet sich das Zentrum der Maori-Kultur. Walknochen werden teils noch heute als Schreibinstrumente eingesetzt.
Am Eastcape (Forty-Fours) dann die echte Stunde null bei der Zeit- bzw. Tagesrechnung. In der Zentralen Hochebene der Nordinsel auch die drei Vulkane Ngauruhoe, Tongariro und Ruapehu, die von der UNESCO zum ersten kombinierten Weltkulturerbe und Weltnaturerbe erklärt wurden, der Tongariro-Nationalpark.

Wizzard of Christchurch, Milford Sound (Fjord),
Franz-Joseph-Gletscher,  Mount Cook
(c) Dirk Bleyer

Eine absolute Kuriosität besteht in Whakamaru, dort wurde eine eigene Republik mit Präsident ausgerufen und Fred the Cat zum Bürgermeister gemacht, da der ja nun Präsident war. Im südlichen Teil dann der krasse Gegensatz von Tasmanian Nationalpark mit Robben, Königsalbatrossen, Delfinen, Orkas und Gletschern in der Region des ewigen Eises, dem Lake Matheson bei Queenstown, die Shotover Schlucht. Extremsport vom Feinsten, der Kandidat legt sich in eine Rakete und wird an einem Drahtseil gehalten in die Höhe gebracht, dort kann er sich lenkend austoben ... oder er springt zur Abwechlsung in einer 153 m tiefen Schlucht in die Tiefe, am Bungeeseil. Als wäre man in den Alpen, findet man auf der Südinsel grandiose Bergzüge mit dem Mount Cook als höchstem Berg Neuseelands und der legendären Milford Street im Süden. Im Fjordland dann 14 gewaltige Einschnitte in das Gebirge, Sounds und Fjorde (Milford Sound, Doubtful Sound), so paradiesisch, wie man sie sich nur erträumen kann. Verblüffend gelegentlich eine Ölschicht auf dem Wasser vom Baumtannin. 


Dunedin, Baldwin Street
Wir lernen die Baldwin Street in Dunedin kennen, die atemberaubend steil ist (die steilste der Welt), den Hochrad-Club von Qward, den gekrönten Buchbinder Mikel, internationaler Preisträger, der sehr trinkfest dem Whiskey zuspricht und seine Gäste gerne unter den Tisch trinkt - verloren hat, wer mit den Füßen voraus das Haus verlässt. Er und seine Kumpels einfach sehr selten. Der Kult um James McKenzie wird uns erklärt, der eigentlich ein Schafdieb war, aber trotzdem verehrt wird, in dem Landstrich um den Mount Cook, der das beste Futter für die Schafe zur Verfügung stellt. Wir erleben einen einmaligen Rundflug mit der Buschpilotin Henriette über den extrem zerfurchten Franz-Joseph-Gletscher und lernen den schrägsten Typ aller Zeiten kennen, den Wizard von Christchurch, ein anerkannter Hexenmeister.

Fazit: Bestes Fotomaterial, Farben, Licht und Schatten meisterhaft eingefangen, einmalige Perspektiven und Shootingpoints, die wir selbst kaum oder nie hinbringen würden. Der ganze Abend ein tolles Erlebnis mit hohem optischem Genuss. Die Erklärungen von Dirk Bleyer sehr aufschlussreich ebenso wie seine Moderation sehr angenehm war.



Sonntag, 25. März 2012

Rückblick: Vampirtheater in Mühlheim/Gladbeck von Julia Röken

Schatten mit Biss


Zwei Beamte des Grauens,
Foto: Robert Königshausen
Fünf Autoren, eine Doppellesung und ein beißendes Thema!
In Mülheim und Gladbeck trat am 15.1. und am 16.1. im Rahmen einer Kombisession ein Schriftstellerquartett an und auf, deren Mitglieder in Sachen Stil nicht unterschiedlicher sein könnte – textlich wie äußerlich.

Vampire standen auf dem Programm! Angeführt von Theaterprofi B.A. Moon (alias Armin Rudziok), gewann die Textkünstlertruppe einem an sich ausgelutschten Sujet völlig neue Seiten ab, ohne den alten Nosferatu-Schauercharme zu vernachlässigen.

Während der Mitbetreiber des kultigen Mühlheimer ARTeliers einen Blick in die Zukunft wagte und von befremdlichen Ämtern für "Nocturnihumanoide-Humanoide Koexistenz" berichtete, in denen die Bürokratie nicht der einzige Schrecken ist, setzte sich der Gladbecker Satiriker Harry Michael Liedtke in einer recht martialischen (An)Klageschrift mit der neumodischen Verniedlichung und Verramschung eines Mythos auseinander.

Inga Hetten aus Trier las den Prolog ihres noch unfertigen Subkulturromans "Die Kasch-Esser" vor und erzählte von einer absonderlichen Sekte und einer merkwürdigen Droge, die den Underground erobern. Einige Vorbestellungen im Anschluss an ihren Vortrag dürften die Autorin motivieren, ihr Werk bald zu vollenden.

Der Münchner Robert Königshausen wartete mit einer Variation hinsichtlich des vampirischen Grundnahrungsmittels auf. In seinem Roman "Energiespender" wird kein Blut, sondern Lebenskraft gesaugt.

Der in Gladbeck beheimatete Dichter Dirk Juschkat, der bei den Lesungen als "lyrisches Scharnier" zwischen den Geschichten fungierte, fasste das Thema breiter und beschränkte sich nicht auf dämonische Untote. In seinen Versen ging es allgemein um dunkle Schatten.

Insgesamt war es erstaunlich vielseitig, was der elegante Bühnenmime, der wuchtige Satirerowdy, die nonkonformistische Altgruftiepunkerin, der behutsame Ideenentwickler und der melancholische Schelmendichter textlich boten. Das Untotengenre ist noch lange nicht tot, dem dargereichten Lesestoff nach zu urteilen.

Interessant war zu beobachten, wie unterschiedlich die Vorstellung vom jeweiligen Publikum aufgenommen wurde. Ausgelassenheit hier, Zurückhaltung dort. Prusteten sich die qualitätsverwöhnten Gäste im ARTelier förmlich weg, verfolgte man im CSB die Lesung eher in prüfender Verschlossenheit.

Erstaunlich eigentlich, denn die einzelnen Performances war an beiden Tagen nahezu deckungsgleich und von hoher Güte. Alle fünf lichtscheuen Gesellen zeigten sich im Vortrag sicher und lasen mit viel Verve, doch offenbar wird Blut in Mülheim schneller heiß als in Gladbeck. Ließen sich die einen bereitwillig in Wallung bringen, verharrten die anderen in Lauerstellung. Vielleicht eine Frage der Ängstlichkeit ...?

von Julia Röken aus Gladbeck 

Buchbesprechung: Der Dichtkunst Stimme


Werner Keller
Der Dichtkunst Stimme
Einsichten und Ansichten zur Literatur vom Barock bis zur Gegenwart
Göttingen 2010, 334 S., geb., Schutzumschlag
19,- € (D), Wallstein Verlag


Werner Keller, einer der bekanntesten Goethe-Forscher, hat anlässlich seines 80. Geburtstags ein Sammlung von bislang nur verstreut publizierten Texten zur Literatur zusammengestellt. Der Band gibt zusammen mit der im vergangenen Jahr erschienenen Sammlung von Ar­beiten zu Goethe und seinem Werk (»Wie es auch sei, das Leben ...«) einen repräsentativen Querschnitt von Kellers wissenschaftlichem Schaffen.
In dem Band »Der Dichtkunst Stimme« beschäftigt er sich mit literarischen Größen Eu­ropas: So untersucht Keller im ersten Teil Texte verschiedener Gattungen, beispielsweise das Trauerspiel »Papinian« von Andreas Gryphius oder Franz Kafkas Prosatext »Eine kaiserliche Botschaft«. Mit dabei auch andere zentrale Autoren der Weltliteratur wie Leo Tolstoi und Henrik Ibsen. Keller analysiert auf verständliche Weise die literarischen Texte und zeigt zugleich die komplexen literaturgeschichtlichen Zusammenhänge auf. Für Fachleute wie Laien geeignet. 
Im zweiten Teil veranschaulicht Keller, wie Literatur auf politische Umstände reagiert und wie umgekehrt Literatur nach schwerwiegenden weltpolitischen Geschehnissen anders wahrgenommen und bewertet wird.
Mit Beiträgen zu Johannes Bobrowski, Johann Wolfgang Goethe, Andreas Gryphius, Friedrich Hebbel, Rolf Hochhuth, Henrik Ibsen, Franz Kafka, Hermann Kasack, Johann Anton Leisewitz, Franz Mehring, Reinhold Schnei der, Botho Strauß, Leo Tolstoi.


Der Autor
Werner Keller, geb. 1930,1975-1995 Ordinarius für neuere deutsche Literatur an der Univer­sität Köln; 1991-1999 Präsident der internationalen Goethe-Gesellschaft in Weimar.